Zerstörende Allianzen: Imperialismus, Neoliberalismus, Militarismus

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Politikwissenschafterin Nadja Meisterhans im Gespräch mit Sigrid Ecker über die Hintergründe des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Über die Remilitarisierung der internationalen Politik, aktuelle militärische Kommunikation samt rechter Verschwörungserzählungen, toxische Männlichkeit und was wir dagegen tun können.

Am 24. Februar 2022 begann der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine.
Geschätzte Verluste laut Reuters mit Stand 11.4.2022: Mindestens 24 038 Todesfälle, 2126 nicht tödliche Verletzungen, mindestens 400 vermisste Personen und ca. 11 Mio. geflüchtete Menschen.
Die Eigentumsschäden der mindestens 1752 zerstörten Gebäude belaufen sich auf rund 565 Mrd. Dollar.
Hintergründe und Versäumnisse
Schon seit 2014 schwelte der Russisch-Ukrainischen Krieg. Es wurden Konzentrationen russischer Truppen in den Grenzregionen zur Ukraine beobachtet, ab Ende 2021 fanden Manöver statt – ab Februar 2022 auch im benachbarten Belarus.
Am 21. Februar 2022 erkannte Russland die Unabhängigkeit der separatistischen „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk an – mit beiden schloss Russland Beistandsverträge, die dann für den Angriff auf die restliche Ukraine als Vorwand dienten, aufgrund einer angeblichen Bedrohung dieser Teilgebiete durch die Ukraine.

Nadja Meisterhans erläutert die Hintergründe dieses Krieges. Sie kritisiert den Umgang mit Michail Gorbatschow (Glasnost/Perestroika) und das Versäumnis der westlichen Länder nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, zivile und demokratische Kräfte im Osten zu stärken. Meisterhans analysiert, dass stattdessen ausschließlich Märkte geöffnet und Oligarchen und korrupte Eliten gestärkt wurden.
Integration wurde nur im Sinne von neoliberalen Marktöffnungen (Wandel durch Handel) und militärischer Integration (NATO) vorangetrieben.

“Es wurden Geschäfte des Westens mit Oligarchen gemacht (Öl, Gas) und so gleich der klimapolitische Wandel mit verschlafen.”

Immer wieder betont die Politikwissenschaftlerin aber auch, dass das natürlich alles keine Rechtfertigung für den völkerrechtswidrigen Angriff Putins sei, aber ein Nährboden für seine Agitation.

Die Invasion der Ukraine wurde am 2. März 2022 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit großer Mehrheit verurteilt. Viele Staaten, die EU insgesamt verhängten umfangreiche Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Es wird viel humanitäre und militärische Hilfe für die Ukraine geleistet.

Der Diskurs über diesen Krieg verlagert sich hierzulande zusehends. Hat es anfänglich, noch im Schock des plötzlichen Kriegsausbruch auf europäischen Boden, einen Rückfall in das Freund-Feind-Denken der Kalten Kriegsrhetorik gegeben, drehten sich viele Diskussionen dann um mehr Aufrüstung und ein gemeinsames EU-Heer. Im Moment stehen wir bei der Frage des Öl- und Gasembargos angekommen.

Rassismus, Remilitarisierung und toxische Männlichkeit
Wie erlebt Nadja Meisterhans diesen Diskurs und die ungewöhnliche Einigkeit in der EU? Sie prangert einerseits die Aufteilung in gute und schlechte Flüchtlinge an:

“Keiner denkt mehr an Syrien, Afghanistan, Jemen usw. und den Rassismus an den Grenzen. Und bei Viktor Orban, sowie Polens Pis-Partei wird wieder weggeschaut, dabei war die EU endlich bereit, zu sanktionieren.”

Auch die  Remilitarisierung der internationalen Politik und damit einhergehend die Gefahr, dass es eine Abkehr von zivilen Themen wie Umwelt, Demokratie, Geschlechterverhältnisse… gibt, bereitet Meisterhans Sorgen, denn: “… nicht die NATO ist die Gute, sondern die UNO!”

Die neuen Kommunikationstaktiken vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, diese Art der transparenten Kriegs-Dokumentation durch das Internet, ist ganz neu. Hier sind PR-Leute in Olivgrün am Werk, die wissen, wie das mediale Spiel funktioniert. Das macht einerseits den Krieg medial transparenter, aber es wird auch das politische Spiel verändert: Selenskyj kommuniziert mit Regierungen aus aller Welt, während Putin mit seinem groß-imperialen Geheimdienst-Kader-Gehabe isoliert scheint. Noch nie haben Kriegsgegner so unterschiedlich im Konflikt kommuniziert.
Wie ist das einzuordnen?

Auch spielen rechte Verschwörungserzählungen eine Rolle, wie Putins schräge oder empörende Argumentation von der notwendigen “Entnazifizierung” der Ukraine zum Beispiel – welche Rolle spielen solche Kommunikationstaktiken in diesem Krieg?

Und last but not least: Wie rauskommen aus dieser patriarchalen, militärischen Vernichtungserzählung und aus den toxisch männlichen Prägungen?

Moderation: Sigrid Ecker

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