Auftaktrede
Liebe Frauen,
es freut mich, dass wir alle hier sind, um diesen Frauenkampftag gemeinsam zu begehen. Denn wir haben eine gemeinsame Sache, für die wir heute demonstrieren. Wir fordern ein freies und glückliches Leben für alle Frauen, für alle Menschen!
Was brauchen wir, damit wir frei und glücklich leben können?
Erstmal braucht es materielle Ressourcen – zum Beispiel in Form eines bedingungslosen Grundeinkommens. Nur so kann verhindert werden, dass Menschen gezwungen sind sich ausbeuten zu lassen, um sich das Nötigste für ihr Überleben leisten zu können. Nur so kann Armut verhindert werden, die nachweislich krank macht und Menschen zu unsozialem Verhalten zwingt.
Und nur so können wir ein Leben ohne Abhängigkeit führen.
Außerdem brauchen wir eine Gesellschaft im Sinne einer Gemeinschaft, die die Betreuung von Kindern, Alten, Kranken und Menschen mit besonderen Bedürfnissen als gemeinsame Aufgabe sieht. Damit nicht wieder Frauen diejenigen sind, die allein die Pflege übernehmen.
Die Fürsorge um andere Menschen ist eine anspruchsvolle Arbeit und als solche muss sie auch anerkannt werden. Eine rund um die Uhr Betreuung ist für einen einzelnen Menschen kaum zumutbar und verdrängt diejenigen, die es machen (meistens Frauen) aus dem öffentlichen Leben. Deshalb müssen wir in diesem Bereich zusammenarbeiten; Pflege und Kinderbetreuung sind Aufgabe der Gemeinschaft!
Darüber hinaus brauchen wir ein Medizinwesen, das auch auf die Lebensbedingungen und Krankheitsbilder von Frauen ausgerichtet ist. Schließlich werden Medikamente fast ausschließlich an Männern getestet. Und das, obwohl diese bei Männern und Frauen oft unterschiedlich wirken.
Wir brauchen unbeschränkten und kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln. Und bei einer ungewollten Schwangerschaft müssen die Pille danach und Abtreibung genauso leicht zugänglich als Option für jede Frau offen stehen.
Wir brauchen umfassende Bildung, die sich nach den Fähigkeiten und Vorlieben der SchülerInnen und Studierenden richtet. Und vor allem: die Mädchen und Buben gleichermaßen fördert. Wir brauchen Bildung, die kritisches Denken und autonomes Handeln lehrt. Sodass sich die Kinder und Jugendlichen zu Menschen entwickeln, die sich aktiv an den politischen Prozessen beteiligen.
Wir brauchen Arbeit, die sowohl im Sinne der Arbeitsverhältnisse als auch der Produktion nach den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet ist. Sodass sich niemand mehr kaputtrackern muss.
Wir brauchen Mediengestaltung, die uns nicht mit hirnlosen Sprüchen und sexistischen Bildern belästigt. Keine Massen an Werbeschrott, der uns vermittelt, wir sollten mit unserem Körper und unserem ganzen Leben unzufrieden sein.
Wir brauchen Freiraum, in dem wir uns entfalten können. Wir brauchen gegenseitigen Respekt. Wir brauchen Bühnen und Arenen, auf denen uns zugehört wird.
Es gibt also sehr viel, wofür wir am heutigen internationalen Frauen-Mädchen-Lesbentag kämpfen. Dies waren nur einige Beispiele. Lasst uns demonstrieren gegen ein ausbeuterisches System, gegen das kapitalistische Patriarchat. Und lasst uns demonstrieren für ein gutes Leben für alle Frauen und für alle Menschen!
SchlossMirabellRede
Heute ist der internationalen Mädchen/Lesben und FrauenKAMPFTAG und wir sind deshalb alle hier um gemeinsam ein Zeichen unseres Unmutes zu setzen und dem patriarchalen Normalzustand den Kampf anzusagen. Viele Frauen sind heute nicht hier um gegen ihre tägliche Ausbeutung und die vielfältige Gewalt mit der wir Frauen konfrontiert werden zu kämpfen. Aber wir alle kämpfen diesen Kampf an verschiedenen Fronten, im Alltag gegen Sexismus und Gewalt gegen Frauen oder in Ausbildung und Beruf gegen Diskriminierung und sexuelle Belästigung. Frauen mit besonderen Bedürfnissen kämpfen an mehreren Fronten für ein normales Leben. Migrantinnen kämpfen noch zusätzlich gegen Rassismus und daraus resultierende Mehrfachdiskriminierung. In ihren Beziehungen kämpfen Frauen um Solidarität und Gerechtigkeit bei der Aufteilung der Arbeit und für respektvolle Verhältnisse auf Augenhöhe. Fast jede Frau kämpft einmal in ihrem Leben gegen Männergewalt, viel zu viele verlieren den Kampf und zerbrechen oder sterben an den Folgen der Misshandlungen.
Mit all diesen Frauen fühlen wir uns durch ein gemeinsames Schicksal verbunden. Alle Frauen wollen wir motivieren aus der Lethargie und dem Opferstatus auszubrechen und sich kollektiv gegen die unterdrückenden Verhältnisse und die gewalttätige Männergesellschaft zu organisieren. Leben heißt kämpfen! Wir heißen alle Frauen willkommen mit uns zuerst die Straßen und mittelfristig die faire Verteilung von Wohlstand und von Muße zu erkämpfen.
Noch immer leisten Frauen zwei Drittel der Arbeit und bekommen dafür ein mageres Zehntel der Weltlohnsumme, am Weltvermögen besitzen Frauen gar nur ein Hundertstel! Wir Frauen machen fast alles und haben fast nichts davon.
In einer indirekten Demokratie, in der Frauen nur marginal an Entscheidungsprozessen beteiligt sind, wird sich an diesem Status Quo auch nichts ändern. Wir kämpfen für eine Gesellschaft in der alle Menschen partizipieren und die Macht auf alle verteilt ist.
Hier stehen wir vor den Amtsräumen unserer Stadtregierung. Im Wissen um die gesellschaftliche Schlechterstellung von Frauen ist auch hier eine Frauenbeauftragte tätig, die durch antidiskriminierende Maßnahmen und proaktive Frauenförderung versucht diese Schieflage zu bekämpfen. Seit Jahren ist Gender Budgeting, also die geschlechtergerechte Verteilung öffentlicher Gelder in der österreichischen Bundesverfassung – als Verfassungsrecht also – rechtlich verankert, die Umsetzung hinkt dem gesetzlichen Auftrag aber hinterher. Gender Budgeting wurde erst letztes Jahr auch im Gemeinderat in Salzburg beschlossen, passiert ist aber noch nichts in dieser Hinsicht – dazu bedarf es unter anderem einer starken Frau! Unsere Frauenbeauftragte Frau Mag.a Stranzinger wird sich ab Mai beruflich neu orientieren und die Interessen von uns Frauen nicht mehr in der Stadtregierung vertreten. Ihr wichtiger Job ist also ab Mai unbesetzt, ausgeschrieben ist er aber noch nicht worden und auf die Frage wann das passieren soll gab es schlicht keine konkrete Antwort. Laut Medienberichten soll das erst 2013 erfolgen.
Wir finden das eine Sauerei wie mit uns Frauen in dieser Stadt umgesprungen wird und fordern die Stadtregierung und Herrn Schaden auf, die Stelle sofort öffentlich auszuschreiben, mit Mai eine Nachfolgerin ausgewählt zu haben und sich für ihr sexistisches Verhalten und die Beleidigung der Arbeit der jetzigen Frauenbeauftragten öffentlich zu entschuldigen! Herr Schaden, noch einmal zum Mitschreiben: Stelle ausschreiben, nachdenken warum es eine Sauerei ist so zu tun, als bräuchten wir keine Frauenbeauftragte und Entschuldigung, dass ich so sexistisch gehandelt habe sagen!
Aber genug der Grußworte an die Herren in den Prunkräumen…
Wir wollen nicht hier stehen und um Gerechtigkeit betteln, wir ziehen weiter um alle Frauen wachzurütteln und um zu zeigen: wir sind viele, wir sind wütend und wir werden kämpfen bis wir in einer Welt leben in der es kein Nachteil ist eine Frau zu sein. Wenn wir uns nicht selbst befreien, wird es für uns ohne Folgen bleiben.
Sister resist! Sei widerständig und organisiere dich!