Über die wachsende Wahlrechtslücke und die defizitäre Demokratie in Österreich
Die Geschichte des österreichischen Wahlrechts ist eine Geschichte der Auseinandersetzung um seine Ausweitung. Die historischen Wahlrechtskämpfe konnten erreichen, dass schrittweise immer weiteren Teilen der Bevölkerung das Recht auf politische Partizipation und Mitbestimmung eingeräumt wurde. Politische Teilhabe wurde von einem Privileg Weniger zu einem Recht der Allgemeinheit.
Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren umgekehrt, aktuell wird das Wahlrecht in Österreich wieder exklusiver. Ein stetig steigender Anteil der Bevölkerung ist vom Wahlrecht ausgeschlossen. Die Verknüpfung des Wahlrechts mit der Staatsbürgerschaft und äußerst restriktive Kriterien für ihren Erwerb führen dazu, dass Wohn- und Wahlbevölkerung immer weiter auseinanderdriften. Eine wachsende Wahlrechtslücke tut sich auf und die Demokratie verliert an Inklusivität und Legitimation. Betroffen davon sind nicht nur die unmittelbar vom Wahlrecht Ausgeschlossenen selbst, sondern das politische System als Ganzes.
Nach dem Vortrag von Gerd Valchars wurde die Situation gemeinsam mit SOS Mitmensch diskutiert. SOS Mitmensch organisiert seit 2013 mit zahlreichen Kooperationspartner*innen die „Pass-Egal-Wahlen“ auf Bundes- und Landesebenen.
Referent*innen:
- Gerd Valchars lehrt Politikwissenschaften in Wien und ist Länderexperte Österreich des Global Citizenship Observatory am Europäischen Hochschulinstitut (EUI), Florenz. Aktuelle Publikation: „Migration und Staatsbürgerschaft“, (Wien, 2021)
- Maiko Sakurai macht Kampagnenarbeit bei SOS-Mitmensch und spricht über die Pass Egal Wahl.
Die Veranstaltung wurde vom Haus der Begegnung Innsbruck gemeinsam mit der Plattform Asyl im Rahmen der Reihe „Füreinander einstehen – 75 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ organisiert.