Das Linzer Architekturbüro Heidl hat den Architektenwettbewerb zum Umbau des Nationalratssitzungssaals gewonnen. Das gab Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heute bei einer Pressekonferenz bekannt. Der Entwurf des Architektenteams wurde aus insgesamt 21 eingereichten Projekten ausgewählt, die Entscheidung der Jury unter dem Vorsitz des österreichischen Architekten Boris Podrecca fiel einstimmig. Sieben Projekte hatten es zuvor in die zweite Stufe des Auswahlverfahrens geschafft.
Wie Prammer bei der Pressekonferenz betonte, hat sich die Jury für «ein ruhiges, klassisches Projekt» mit klarer Struktur entschieden. Es werde sich gut in das Haus einfügen und alle gestellten Anforderungen erfüllen, zeigte sie sich überzeugt. Den Ausschlag für die Entscheidung hätten die Architekten und Architektinnen in der Jury gegeben, betonte die Nationalratspräsidentin, diese haben die Jurymitglieder behutsam geführt.
Jury-Vorsitzender Podrecca hielt fest, mit dem Entwurf des Linzer Architekturbüros habe ein «poetisches Projekt» gewonnen, ein Projekt, «das nicht mit den Ohren wackelt», sondern eine «lyrische Antwort» auf die gestellte Aufgabe gibt. Der Entwurf möge auf dem Papier eher unscheinbar wirken, meinte Podrecca, er schöpfe das Potential des Raumes aber in vollem Umfang aus und füge sich gut in das Parlamentsgebäude ein.
Was die Kosten des Umbaus betrifft, hat die Jury mit der Auswahl des Siegerprojekts Prammer zufolge eine «Punktlandung» zustande gebracht. Für das Projekt sind, ohne Architektenhonorar, 17 Mio. € kalkuliert, damit liegt man im Kostenrahmen von 21 Mio. € (plus/minus 30 %), auf den man sich im Jahr 2005 in der Präsidialkonferenz des Nationalrats verständigt hat. Der Preis habe bei der Auswahl des Projekts allerdings keine Rolle gespielt, unterstrichen Prammer und Podrecca unisono, es habe sich erst im Nachhinein herausgestellt, dass das Projekt das kostengünstigste unter den drei platzierten Entwürfen sei.
Als nächster Schritt ist nun geplant, mit dem Architektenteam ein Verhandlungsverfahren durchzuführen und das Büro anschließend mit der Generalplanung zu beauftragen. Allerdings kommt es, wie Parlamentsdirektor Georg Posch erklärte, durch die vorgezogenen Nationalratswahlen zu Verzögerungen, weil das benötigte Sonderbudget für den Umbau des Saales nun erst in der nächsten Legislaturperiode beschlossen werden kann. Der Umbau selbst wird daher voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2010 beginnen.
Während der Umbauarbeiten soll der Nationalrat im historischen Sitzungssaal des Parlaments tagen, der zuvor noch entsprechend adaptiert werden muss. Ein Bezug des neues Saales ist frühestens für Anfang 2012 in Aussicht genommen.
Neben dem Siegerprojekt vergab die Jury vier weitere Preise: Der zweite Preis wurde einem Entwurf des Wiener Architekturbüros Katzberger zuerkannt, den dritten Preis erhielt das Projekt des Architektenteams Geiswinkler & Geiswinkler, das schon für die Gestaltung des Besucherzentrums des Parlaments verantwortlich zeichnete. Zusätzlich entschied sich die Jury für Entwurfsankäufe eines von den Architekten Andreas Hawlik und Ernst Huss eingereichten Projekts sowie eines Projekts des Architekturbüros Treusch architecture (beide Wien).
Das Siegerprojekt und die weiteren Entwürfe werden im Herbst im Palais Epstein präsentiert. Ein genauer Termin steht noch nicht fest.
Der Architektur-Wettbewerb wurde anonym durchgeführt, erst nach der Kür des Siegerprojekts und der weiteren Preisträger wurde – unter Aufsicht eines Notars – die Identität der WettbewerbsteilnehmerInnen gelüftet. Von den 21 Entwürfen kamen 19 aus Österreich, zwei aus Deutschland.
Der 10-köpfigen Jury gehörten neben Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, Zweitem Präsidenten Michael Spindelegger und Dritter Präsidentin Eva Glawischnig-Piesczek die österreichischen ArchitektInnen Boris Podrecca, Marta Schreieck und Georg Pendl, der dänische Architekt Jan Sondergaard, die spanische Architektin Benedetta Tagliabue, Wolfgang Gleissner als Vertreter der Bundesimmobiliengesellschaft sowie Parlamentsdirektor Georg Posch an.
Notwendig geworden ist der Umbau des Nationalratssitzungssaals, weil dieser mehr als 50 Jahre nach seiner Erbauung starke Abnutzungserscheinungen aufweist und nicht mehr den Anforderungen eines modernen Sitzungsbetriebs entspricht. Unter anderem geht es darum, sowohl den Saal als auch die Besuchergalerie behindertengerecht zu gestalten, die Saaltechnik zu modernisieren, bestehende Sicherheitsmängel zu beheben und die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten zu verbessern. Der Saal sei «absolut nicht mehr zeitgemäß», bekräftigte Prammer, deshalb habe man sich noch unter ihrem Amtsvorgänger Andreas Khol für einen Umbau entschieden.
Die Planungsarbeiten für den Umbau werden in Zusammenarbeit mit der Bundesimmobiliengesellschaft durchgeführt. Auch das Bundesdenkmalamt ist eingebunden, mit diesem gibt es, wie Jury-Vorsitzender Podrecca betonte, ein gutes Zusammenspiel.
Auf die Frage, ob alle Parteien hinter dem Projekt stünden, erklärte Prammer, es sei ihr ein Anliegen, den Umbau des Sitzungssaals aus der Tagespolitik herauszuhalten. Sie habe als Nationalratspräsidentin die Verantwortung zu tragen. Durch einen Stopp des Verfahrens würde jedenfalls «eine sehr hohe Summe Geldes in den Sand gesetzt werden». Im Übrigen gab Prammer zu bedenken, dass auch eine Beschränkung auf notwendige Instandhaltungsarbeiten viel Geld kosten würde.
Siehe auch:
http://www.parlament.gv.at/AK/SCHLAG/210Sitzungssaal%20Wettbewerb_Portal.shtml