‘Chancengleichheit mit Warteliste’ – Über Menschen mit Beeinträchtigung und die gegenwärtige Politik in (Ober)Österreich

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Was tun mit den Ratten?

Mehr als fünf Tausend Menschen mit Beeinträchtigung leben derzeit in Oberösterreich ohne Unterstützung durch die öffentliche Hand. Sie haben mit aktueller Budgetierung keine Aussicht, in absehbarer Zeit eine Leistung zu bekommen.“ So lauten die ersten Zeilen einer Presseerklärung der ‘Allianz zur Chancengleichheit für Menschen mit Beeinträchtigung’, aus denen die kritikwürdige Situation der langen Wartelisten für Leistungen nach dem Chancengleichheits-Gesetz (in OÖ) hervorgeht.

Nach dem oberöstereichischen Chacengleichheits-Gesetz von 2008 besteht für Menschen mit Beeinträchtigung – (bei gegebenen Voraussetzungen) – ein Rechtsanspruch auf Leistungen wie Wohnen, Arbeit, mobile Pflege und weiteres. Allerdings gilt dieser Anspruch nur „nach Maßgabe der budgetären Mittel“, also – salopp formuliert – solange das Geld eben reicht. Aus diesem Grund stehen momentan etwa 3200 Menschen allein auf der Warteliste für einen betreuten Wohnplatz, 1400 Menschen warten auf mobile Betreuung.

In keinem Bereich kann der Bedarf an benötigten Leistungen vollständig abgedeckt werden. Am höchsten ist die Bedarfdeckung bei der Frühförderung (ca. 90 Prozent), am schlechsten im Bereich der Persönlichen Assistenz – mit lediglich 42 Prozent. Und auch bei der mobilen Pflege erhält – (bei einer Bedarfdeckung von 48 Prozent) – nicht einmal die Hälfte der Menschen die nötige Unterstützung.

Als Folge wird die Gemeinschaft der Menschen mit Beeinträchtigungen und ihrer Angehörigen in zwei Teile geteilt – diejenigen, die „drin“ sind [also Leistungen erhalten] und diejenigen, die „draußen“ sind und im Moment kaum Chancen haben, hinein zu kommen.“ – faßt der Verein Miteinander die Situation zusammen.

Es wird also deutlich: Damit alle Menschen mit Beeinträchtigung die ihnen zustehenden Leistungen auch wirklich erhalten, muss mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Derzeit stehen in Oberösterreich für das Budget im Behindertenbereich 387 Millionen zur Verfügung. Laut Sozial-Landesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) wären weitere 200 Millionen Euro nötig, um den Gesamtbedarf decken zu können. Manche Finanzierungs-Vorschläge sind in der Diskussion, bisher allerdings ohne konkrete Ergebnisse. (Mehr dazu im Beitrag.)

Handlungsbedarf besteht nicht zuletzt auch angesichts der UN-Behindertenkonvention, die Österreich bereits im Jahr 2008 ratifiziert hat. Darin verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Beeinträchtigung ein selbstbestimmtes Leben sowie eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teihabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Damit ist insbesondere auch die Wahlmöglichkeit in Bezug auf Aufenthaltsort, Wohnform und Ähnliches gemeint.

Im Kontrast dazu wird momentan allein in Oberösterreich 3200 Menschen mit Beeinträchtigung überhaupt kein Wohnplatz angeboten, geschweige denn eine Wahlmöglichkeit.

Um auf diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität aufmerksam zu machen, hatte der Dachverband der Interessenvertretungen für Menschen mit Beeinträchtigung (IVMB) Mitte September (17.09.2014) zur Podiumsdiskussion ins Neue Rathaus geladen. Krista Krauk und Gaby Mayrhofer berichteten als Mütter beeinträchtigter Kinder aus der Perspektive jener Menschen, die es ‘betrifft’. Als Interessenvertreter nahmen Alfred Prantl (Obmann der IVMB), Franz Weiß (Präsident der Lebenshilfe Oberösterreich) und Herrmann Wögerer (Vorsandsvorsitzener des Vereins Miteinander und Angehörigen-Vertreter in der IVMB) an der Diskussion teil. Von Seiten der Politik waren Sozial-Landesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) sowie Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) anwesend. Im folgenden zu hören sind ausgewählte Passagen der Podiumsdiskussion.

musik: warcolour ‘last time‘ (album: ‘blacksmith’)

link: Petition für Menschenwürde und Chancengleichheit

literatur:Soziale Innovation oder Mogelpackung ? Das Oö. Chancengleichheitsgesetz auf dem Prüfstand“, Angela Wegscheider, Johannes Kepler Universität, Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik, 2009

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