Bis 1971 waren gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen in Österreich strafbar und die „Täter“ und „Täterinnen“ mussten im Fall einer Verhaftung nicht nur mit gesellschaftlichen Abstieg, sondern auch mit harten, teils körperlichen Disziplinierungsmaßnahmen rechnen. Die Orte der homosexuellen Partner_innensuche waren illegalisierte Räume und, im Sinne des Strafbestands, „Tatorte“. Der Grazer Stadtpark war einer dieser Räume. Vom Ende des 19. Jh. bis in die 90er Jahre des 20. Jh. lassen sich Fälle nachzeichnen, die den nächtlichen Stadtpark als zwielichtige Sphäre schildern, wo nicht nur, wie es hieß, „Unzucht wider der Natur“ betrieben wurde, sondern gleichfalls auch zahllose Übergriffe auf Homosexuelle stattfanden.
Hans-Peter Weingand hat sich in seiner Arbeit „Wo sich die Schwulen trafen“. Der Grazer Stadtpark als Treffpunkt homosexueller Männer. Vom Tatort zum Erinnerungsort dieser Szene kulturhistorisch angenähert. Berücksichtigungen finden dabei verschiedenste Quellen, von Gerichtsakten, Zeitungen und belletristischen Quellen bis hin zu den seltenen Briefen, Tagebüchern und Zeitzeugenberichten der betroffenen selbst. Sichtbar wird ein Raum, mit Michel Foucault gesprochen eine Heterotopie, die erst mit der Digitalisierung und der Abwanderung der homosexuellen Partner_innensuche ins Internet sowie durch die immer weitreichendere Umsetzung des Sicherheitsparadigmas in den letzten 20 Jahren zusehends an Bedeutung verlor – und zu einem Erinnerungsort wurde.
Die musikalische Untermalung zu dieser Sendung: Songs mit queerem Inhalt aus den wilden 20ern.
Das wilde Denken. Kulturanthropologische Gespräche. Mit Ruth Eggel und Robin Klengel, Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie, Uni Graz, Radio Helsinki Graz.
Von den „Lasterburschen“ auf der „Seufzerallee“. Der Stadtpark als Treffpunkt homosexueller Männer. Mit Hans-Peter Weingand. Kulturanthropologische Gespräche # 28