Eine kritische musikgeschichtliche Aufarbeitung von Franz Gratl im Philosophischen Café in Kufstein.
Franz Gratl ist Kustos der Musiksammlung der Tiroler Landesmuseen-Betriebsges. m. b. H. in Innsbruck.
Als besonders unangebracht bezeichnet er den Namen Heldenorgel angesichts der problematischen Geschichte des Instrumentes. Es begann mit einem chauvinistisch-nationalistischen Grundkonzept, denn nach Max Depolos Vorstellungen erklang die Orgel für alle Gefallenen DEUTSCHER ZUNGE. Die Nazis vereinnahmten die Heldenorgel ausgiebig, sie war oft im Reichsrundfunk zu hören und wurde zum tönenden Symbol des Deutschtums stilisiert. Heldengedenken ist bekanntlich ein zentrales Element nationalsozialistischer Feiergestaltung, und wer im Nationalsozialismus die Helden waren, ist bekannt. Dass die Heldenorgel nach dem Krieg eine Neubewertung erfuhr und heute „zum Gedenken an alle Gefallenen aller Kriege“ erklingt, ist eine Umdeutung ohne wirkliche Aufarbeitung, die deshalb Franz Gratl so nicht überzeugt.
Zwischendurch hören Sie musikalische Variationen des vermutlich aus dem 30-jährigen Krieg tradierten Kinderliedes „Maikäfer flieg“. Es ist das durch die Melodie allgemein bekannt gewordene Lied: „Schlaf, Kindlein, schlaf“.
Als „Maikäfer flieg“ erfuhr das Lied imText oft unverständlich-makabere Umbenennungen.
Dieses Lied bedarf — wie viele andere deutsche Volkslieder auch und ebenso wie die HELDENORGEL von Kufstein – einer bewussten historischen Aufarbeitung mit einer entsprechenden Neuorientierung hin zu einer allgemein-menschlichen Friedenspolitik.