15 – Katharina Fürholzer (Ulm) „Eine Explosion der Sprache“. Zur Filmbiographie der taubblinden Marie Heurtin

Podcast
Medikalisierte Kindheiten – Die neue Sorge um das Kind vom ausgehenden 19. bis ins späte 20. Jahrhundert
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    21:46
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27:09 min
01 - Eröffnung der Tagung Medikalisierte Kindheiten
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28:52 min
02 - Maria A. Wolf (Innsbruck) Medikalisierung der Sozialen Frage und wissenschaftliche Neuordnung der Kindheit
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21:39 min
03 - Kristina Schierbaum (Frankfurt) Janusz Korczak im Spannungsfeld von Pädiatrie und Pädagogik
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28:34 min
04 - Irene Berkel (Innsbruck) Die Neuvermessung der Kindheit in der psychoanalytischen Klinik und Theorie
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30:38 min
05 - Klara Meßner und Rodolfo Tomasi (Bozen) Nach zwei Diktaturen zur Demokratie Erwachsenen-, Kinder-Jugendpsychiatrie in Südtirol
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34:18 min
06 - Elisabeth Dietrich-Daum (Innsbruck) Die Innsbrucker Kinderbeobachtungsstation von Maria Nowak-Vogl (1947–1987). Projektbericht
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17:31 min
07 - Mirjam Janett (Basel) Die „behördliche Sorge“ um das Kind. Kindswegnahmen in Basel von 1945 bis 1972
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17:26 min
08 - Keber Katharina (Ljubljana) Post WWI children healthcare in Central Slovenia as experienced by Angela Boškin, the first Slovenian home care nurse
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39:43 min
09 - Christine Hartig und Sylvelyn Hähner-Rombach (Ulm und Stuttgart) Institution, Zeitzeugen, Narration. Re-Konstruktionen der Innsbrucker Kinderbeobachtungsstation
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27:28 min
10 - Elisabeth Malleier (Wien) Die Sorge, meine Akte und ich

„Eine Explosion der Sprache“. Zur Filmbiographie der taubblinden Marie Heurtin.
Katharina Fürholzer (Ulm)

Ist Hellen Kellers außergewöhnliches Schicksal noch weitgehend bekannt, stand die Lebensgeschichte der taubblinden Marie Heurtin (1885–1921) bislang nur in den Marginalen öffentlicher Aufmerksamkeit. Über die biographische Verfilmung Marie Heurtin (FR 2014, Reg.: Jean-Pierre Améris; deutscher Titel: Die Sprache des Herzens) wurde das Leben der Französin nun einem breiteren Publikum nahegebracht. Der Film erzählt den Beginn der ‚Heilsgeschichte‘ der jungen Marie, die, taub und blind geboren, zunächst bei ihren Eltern aufwächst. Gegen den ärztlichen Rat, das Mädchen in einer psychiatrischen Anstalt unterzubringen, geben die Eltern das Kind mit zehn Jahren in die Obhut des von Nonnen geführten Institut Larnay, das sich bis heute der Ausbildung behinderter Kinder verschreibt. Zunächst stark überfordert mit der Welt des mehrfach behinderten, sich Regeln und Normen mit äußerster Willens- und Körperkraft widersetzenden Mädchens, gelingt es einer der Ordensschwestern nach monatelangen Bemühungen, Marie an soziokulturelle Normen (Kleidung, Hygiene, Verhalten etc.) anzupassen und ihr in einer Art Sprachtherapie einen Weg zu Kommunikation und Interaktion zu ermöglichen. Im Interesse meines Beitrags steht sowohl die medizingeschichtliche als auch ästhetisch-narrative Ebene des Films. Der Schwerpunkt liegt dabei auf folgenden Fragen: In welcher Weise wird die Annahme des Instituts um Leben, Erziehung und Unterrichtung (mehrfach) behinderter Kinder als Gegenentwurf zu medizinischer Sorge und Versorgung konzipiert? Wie verhandelt der Film das konstante Kräftemessen des (mehrfach) behinderten Kindes mit seiner Umgebung, seine Auflehnung gegen die Heteronomie der Welt der Gesunden? Nicht zuletzt ist zu diskutieren, welche Motivfunktion Marie Heurtins Behinderung im künstlerischen Medium des Films erfüllt: Welche ästhetisch-narrative Bedeutung kommt also ihrer Entwicklung vom ungezähmten „wilden kleinen Tier“ hin zu einem konventionalisierten Normen entsprechenden Mitglied der Gesellschaft zu?

Moderation: Lisa Pfahl, Innsbruck

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