Das Thema Flüchtlinge oder Migranten war und ist hochaktuell und wird es vermutlich noch über viele Jahre hin bleiben. Fast alle haben eine Meinung dazu, freilich die Wenigsten kennen dieses Problem aus eigner Anschauung oder hätten engere Beziehungen zu Flüchtlingen unterhalten. Von dieser Gruppe nehme ich mich selber auch nicht aus. Außer wenigen Worten, die ich hin und wieder vor einem Supermarkt mit Flüchtlingen gesprochen und denen ich gelegentlich dann auch einige Cents zugesteckt habe, beschränken sich meine Informationen auf das, was ich aus Funk und Presse gelesen oder gehört habe. Daher begrüße ich es außerordentlich, dass Eva endlich einmal direkt Betroffene zu Wort kommen lässt. Das sind natürlich vor allem die Flüchtlinge selbst, aber dann auch Menschen, die sich beruflich oder ehrenamtlich mit dieser Frage beschäftigen. Eva hat also beide Seiten gehört und da sie sehr Material zusammentragen konnte, werden wir das Thema in 2 Sendungen behandeln. Heute hören wir den ersten Teil eines Gesprächs mit dem Flüchtling Omid und danach mit Anna Aldrian, die sich seit vielen Jahren in der Flüchtlingsproblematik engagiert hat. Die Fortsetzung der Gespräche erfolgt in 14 Tagen.
Bevor es Ernst wird, sollen uns zuerst Anita und Gernot, unser Pärchen aus einer Datingplattform im Internet aufheitern. Wir werden allerdings sehen, dass auch die beiden sich mit Problemen rumschlagen müssen. Am Ende der Sendung dürft ihr zusammen mit mir und der Rubrik „3 x staunen“ hoffentlich ebenfalls ins Staunen verfallen, denn dieses Mal war ich für das Staunen zuständig. In 14 Tagen ist Eva wieder dran. Viel Spaß beim Zuhören.
Liebe Renate,
danke für deinen ausführlichen Kommentar! So etwas wünschen wir uns natürlich, dass unsere Sendung Menschen bewegt und dass es ein Echo gibt. Das Thema AsylwerberInnen bewegt wie kaum ein anderes, weil es eigentlich nicht um Fremde sondern um Zwischenmenschlichkeit geht. Darum, wie wir als Menschen zusammenleben und wie wir miteinander umgehen. Ich kann deinen Worten nichts hinzufügen, denn auch für mich ist es so, dass ich sehr glücklich bin, Menschen wie Anna, Omid und dich und viele, viele zu kennen, die die Begeisterung für das Leben an sich eint. Schön ist das. Danke!
Übrigens wird es in 14 Tagen den zweiten Teil der Interviews mit Omid und Anna geben. Und wir werden wahrscheinlich schon wissen, ob Omid bleiben darf.
Alles Liebe,
Eva und Jens
Liebe Eva, liebe Anna,
schön, dass ihr dieses Thema bearbeitet. Anna ist meine Helden im Kleinen. Wie vielen „Schützlingen“ hat sie schon ihre Hand gereicht und gleichzeitig ihr Herz geöffnet. So werden Namen zu Menschen und Geschichten zu Schicksalen. Und wann immer ich in Leibnitz an kommunikative Flüchtlinge gelangt bin – denn nur mit solchen kann überhaupt ein Österreicher Kontakt haben – war Anna im Spiel. Und wie du selbst – Anna – gesagt hast, ist es oft eine Lotterie.
Ich habe mich nie in die Geschichten eingemischt, die sie über ihre Heimat erzählt haben. Einige sind ja schon seit ihrer Kindheit nicht mehr in ihrer „richtigen“ Heimat. Was sind Namen und Geburtsdaten? Für uns ist der legere Umgang mit persönlichen Daten unvorstellbar aber für die meisten Geflüchten nur ein Schulterzucken wert. Ich habe nach anfänglichem Unverständnis meinen Fokus auf die Menschen, so wie sie hier und jetzt bei uns sind, gelegt. Wer ist bereit, die Sprache zu lernen, mit uns Österreichern Kontakt zu haben und sich unserer Leistungsgesellschaft anzupassen? Auf den Ausgang der Aufenthaltsberechtigung hatte es dann aber leider keinen positiven Einfluss.
Jede HelferIn hat es nach ihrer Persönlichkeit ausgelegt. Manche ließen sich vollkommen zeitlich und materiell einnehmen und andere konnten ihre Grenzen setzen. Für mich war die Leistungsbereitschaft der Geflüchteten immer wichtig. Für junge Männer ist es sehr wichtig, ihren Stolz zu bewahren und für echte Arbeit echtes Geld zu verdienen. Das Angewiesensein auf Allmosen zerfrisst das Ego.
Meine bekannten Geflüchteten – sowie ich – reagieren natürlich mit Unverständnis, wenn Leute den positiven Asylbescheid ins Gefängnis nachgeschickt bekommen und andere im zweiten erfolgreichen Lehrjahr von der Fremdenpolizei für die Abschiebung geholt werden. Wir alle haben den Ankommenden 2015 gesagt, wenn Sie gut Deutsch lernen und fleissig und „brav“ seien, würde alles gut werden. Was kann ich jetzt 5 Jahre später sagen?
Nur wenige von den damaligen Helfern sind noch so engagiert wie Anna. Der Ball liegt inzwischen bei den Juristen. Wir können nur noch bei Formalitäten helfen. In ihr Heimatland abgeschoben zu werden ist keine Alternative. Und selbst wenn zuhause eine Frau wartet, ziehen sie nach der letzten Instanz in Österreich lieber nach Frankreich weiter als zurück nach zum Beispiel Afghanistan zu gehen, auch wenn ihnen klar ist, das die Lager weit außerhalb von Paris wo sämtliche Ethnien aufeinandertreffen, alles andere als lebenswert sind.
Jene, die es geschafft haben, sind im Leben hier angekommen. Helfer-Flüchtlings-Verbindungen sind zu Freundschaften geworden. Wir ziehen uns langsam zurück und freuen uns über die Erfolge jener, die bleiben dürfen. Lehrabschlussprüfung, Führerschein, erster Job, erster Schultag. Für das alles hat es sich gelohnt. Ich muss mich in meiner Lebensentwicklung für die Möglichkeit bedanken, diese Kultur und diese Menschen kennenlernen gedurft zu haben. Ich habe unglaublich viel über mich und unsere Gesellschaft gelernt, habe viel Überheblichkeit über Bord geworfen. Danke dafür!