Franzobel lebt in Wien, Buenos Aires und Pichlwang
Wollte man alles je von Franzobel Geschaffene gelesen, gesehen, gehört haben, man müsste mindestens ein Bildungskarenzjahr beantragen, sich sogleich unerschrocken ins Franzobel’sche Textmeer werfen und den Dauerdichter selbst höflichst bitten, er möge zwischenzeitlich die Welt umsegeln oder sich anderweitig sprachfern beschäftigen – aber allein was danach wohl wieder entstünde bzw. dem Dichterherz entspränge, bescherte einem erneut einen erheblichen, uneinholbaren Franzobel-Status-Quo-Expertenrückstand…
Das heißt, die bunten, vielgestaltigen Franzobel’schen Textkorallenriffe sind nie zur Gänze überschaubar, denn sie wachsen, wuchern und gedeihen prächtig. Nimmt man neben den Werken Franzobels auch noch jene der Patroninnen und Patronen von Preisen und Stipendien, die ihm bereits verliehen wurden hinzu (Bachmann, Brecht, Canetti, Nestroy, Schnitzler und Weihrauch), dürfte man ohnehin ein Durchschnittsleseleben lang beschäftigt sein. Neben dem Romancier mit Hang zum Barocken, dem Theaterautor mit Skandalpotential, dem nicht zu bändigenden Sprachvirtuosen und dem radikalsubjektiven Fußballkolumnisten gibt es aber auch noch den politisch engagierten Essayisten Franzobel. Denn der Interessensfokus im Franzobel-Kosmos hat sich mittlerweile erweitert, nein, verschoben. Verschrieb sich Franzobel anfangs vorwiegend dem Sprachreferentiellen, dann dem Zeitgeschichtlichen, so steht momentan aktuell Gesellschaftspolitisches im Zentrum seiner stets unverwechselbar poetischen Betrachtungen. Aber egal, in welchem Genre Franzobel operiert, nach wie vor schafft er es, zu provozieren und zu polarisieren, aber dabei gleichzeitig immer auch auf unnachahmliche Weise zu unterhalten. (köhle markus)
Bücher:
Österreich ist schön 2009; Liebesgeschichte 2007; Das Fest der Steine oder Die Wunderkammer der Exzentrik 2005; Lusthaus oder Die Schule der Gemeinheit 2002 Zsolnay; Scala Santa oder Josefine Wurznbachers Höhepunkt 2000 alle Zsolnay Verlag Wien.
Website: www.franzobel.at
Mitschnitt im Rahmen von Sprachsalz 2010