Als „eine der stärksten Vertreterinnen des weiblichen Schrifttums in Österreich“ wurde sie nach ihrem Tod in einem Nachruf im Jahr 1931 bezeichnet: Die heute weitgehend in Vergessenheit geratene altösterreichische Schriftstellerin Marie Eugenie delle Grazie. Und tatsächlich war sie neben Marie von Ebner-Eschenbach um 1900 die beinahe bedeutendste österreichische Schriftstellerin, auch wenn sie in Deutschland zu Lebzeiten wahrscheinlich mehr gelesen und gespielt wurde als in Österreich. Kritiker bezeichneten sie als „ein ins Literarische übertragener Mozart“.
Geboren wurde Marie Eugenie delle Grazie, die aus einem alten venezianischen Geschlecht stammte, am 14. August 1864 in Weißkirchen im Banat, sie übersiedelte in jungen Jahren nach Wien, wo sie als freie Schriftstellerin lebte. Ihr Werk umfasst Gedichte, Erzählungen, Romane und Dramen, deren Inhalt meist sozial- und gesellschaftskritisch ist. Früh setzte sie sich für die Emanzipation der Frau ein, in ihrem Spätwerk kam es zu einer Hinwendung zu religiöser Gläubigkeit.
Marie Eugenie delle Grazie verstarb am 18. Februar 1931 in Wien. In den 1930er-Jahren wurde sie noch gelesen und gespielt, spätestens nach dem 2. Weltkrieg gerieten sie und ihr Werk bald in Vergessenheit.