Am 30. März dieses Jahres wäre Walter Klingenbeck 100 Jahre alt geworden. Doch er wurde 1942 zum Tod verurteilt und 1943, im selben Jahr wie die ungleich bekanntere Sophie Scholl, hingerichtet. Er hatte gemeinsam mit drei weiteren Freunden ein sogenanntes Piratenradio errichtet, um von der gleichgeschalteten Nazipropaganda abweichende Informationen (etwa über den Kriegsverlauf) zu veröffentlichen. Das galt damals als Wehrkraftzersetzung und Hochverrat und führte in den meisten Fällen zu einem Todesurteil. Schon das bloße Weitersagen von im Radio Gehörtem (wenn es zum Beispiel Nachrichten aus dem Ausland waren) konnte lebensgefährlich sein, wie die Geschichte des Wiener Schülers Josef Landgraf zeigt, der diesen Naziwahnsinn zum Glück überlebt hat.
Walter Klingenbeck war ebenfalls 17 Jahre alt, als er sich entschloss, gegen die angebliche Allmacht der Diktatur aufzutreten. Wir wollen sein Beispiel in Erinnerung rufen, zumal gerade in unserer Zeit nicht wenige wieder mit dem braunen Erbe jener menschenverachtenden Ideologie liebäugeln oder gar herumzündeln. Für die Gestaltung der Sendung verwenden wir Auszüge des 2018 anlässlich seines 75. Todestags live dargebotenen “Akustischen Denkmals für Walter Klingenbeck” von “die grenzlandreiter” (Gerald Fiebig) und lesen aus verschiedenen Zeitdokumenten (Todesurteil, Abschiedsbrief). Doch wollen wir den Themenbogen noch darüber hinaus spannen. Zur besonderen Ausprägung jugendlichen Aufbegehrens und daraus erwachsenden Widerstands empfehlen wir diesen hervorragenden Artikel von Jürgen Zarusky. Und was den Bezug zur gefährdeten Gegenwart anbelangt, mag uns das Vater-Sohn-Gespräch, von dem Konstantin Wecker in “Vaterland” berichtet, zum Weiterdenken anregen. Das Vermächtnis Verstorbener “ins Leben erzählen” ist poetisches Erschaffen.
Dass da einer ausgerechnet das Radio als geeignetes Mittel zum Durchdringen des staatsgewaltlichen Normkonformismus ausgewählt hat, das ruft uns nicht zuletzt in Erinnerung, dass auch unser Sender, die Radiofabrik, aus einem Piratenradio heraus entstanden ist. Inzwischen ist es gesetzlich gesichert, dass “Personen und Gruppen, die in den öffentlich-rechtlichen oder kommerziellen Medien unterrepräsentiert sind” hier eine Meinungsäußerungs- und Veröffentlichungsplattform haben. Was wiederum aufzeigt, wie lebensnotwendig der Kampf für eine freie Gesellschaft generell ist.
PS. Zudem noch ein feiner Vortrag von Jürgen Zarusky über Walter Klingenbeck.
Weil’s mir sonst den Schädel zerreißt!