Franz Dodel lebt in Bern. An einem Samstagvormittag traf ich Christoph Simon im „Literaturbahnhof“ in Feldkirch. Wir saßen in der „Reste“, wo der Zigarettenrauch wie eine Nebelwand stand und an fast jedem Tisch ein Rotgesicht mit einem großen Bier und einem Stängel zwischen den Fingern saß. Hier soll ja auch einmal James Joyce durchgekommen sein, was diesen Bahnhof zum „Literaturbahnhof“ macht.
An diesem Vormittag machte mich Christoph ganz neugierig auf Franz Dodel, den westlichen Haiku-Dichter schlechthin. Ich hatte von diesem Autor bisher weder gelesen noch gehört. Zurück in Innsbruck machte ich mich sofort auf, Publikationen dieses Autors aufzutreiben. Das publizierte Werk von Franz Dodel „beschränkt“ sich auf mehr als zehntausend Haikus. Sein Buch bei der verdienstvollen Edition KorresÂpondenzen nennt er Nicht bei Trost – Haiku endlos. Die japanische Haiku-Gedichtform ist formal streng gebaut, 5-7-5 Silben, ein Korsett, in dem der Autor mit Zitaten, Anspielungen, Hinweisen spielt. Trotz der reduzierten Form steckt in seinen Haikus eine riesige Bibliothek, auf die sich der Autor bezieht. Ein Kosmos von unglaublicher Weite, meditativer Stille, Nachdenklichkeit, Weisheit, ein Pandämonium der besonderen Art. Unglaublich. (elias schneitter)
Lesung im Rahmen von Sprachsalz 2009.