In meinem 179. VOR ORT Beitrag führe ich mit der gebürtigen Ukrainerin Oksana Stavrou, einer Juristin, die in Wien lebt und als Unternehmerin tätig ist, ein Telefongespräch über die russische Invasion in der Ukraine. Einige 100 Kilometer östlich der österreichischen Staatsgrenze ist vor einem Monat nun das passiert, was kaum jemand ernsthaft in Betracht gezogen hat. Krieg in Europa. Ich kann mich noch gut an den Aufsatz des russischen Staatschefs Wladimir Putin erinnern, den ich im letzten Jahr gelesen habe und in dem er Russen und Ukrainer als ein Volk und ein geeintes Ganzes beschrieben hat. Was will er damit sagen, war mein Gedanke? Er bezog sich auf die offizielle Linie des russischen Reiches 1917 auf das Modell einer russischen Nation, welches eben neben Russland auch die Ukraine und das heutige Belarus miteinbezog.
Ja schon dachte ich mir – aber inzwischen sind mehr als 100 Jahre vergangen, das Rad der Geschichte kann man in unserer komplexen Welt des 21. Jahrhunderts doch nicht einfach zurückdrehen? Doch genau das ist passiert … dass aber nun im Namen von Brüderlichkeit und Einheit eine sogenannte Befreiung auch unter einem Nazi Vorwurf stattfindet ist mehr als befremdlich, wenn nämlich gerade in urbanen Ballungsräumen wie Charkiw oder Mariupol wo beinahe ausnahmslos russisch gesprochen wird, die Zivilbevölkerung von ihrem Leben, ihren Besitztümern und ihrer Zukunft befreit wird.
Es gibt meinerseits einen persönlichen Bezug zur Ukraine: Meine Großeltern mütterlicherseits sind 1903 und 1905 im damaligen Galizien geboren, welches seinerzeit zu Österreich-Ungarn gehört hat. Der Geburtsort des Großvaters war Brody, jener der Großmutter Tarnopol. Als sich im 2. Weltkrieg die Rote Armee dem heutigen Lviv – also Lemberg näherte – wo der Großvater als Gutsverwalter des Bischofs tätig war – flüchtete die damals 5köpfige Familie – nach Westen. 1993 habe ich gemeinsam mit meiner Frau Hannelore, deren Großmutter mütterlicherseits auch aus der Umgebung von Lviv stammt, die Westukraine besucht, um einen Eindruck aus diesem Land zu bekommen, aus dem unsere Wurzeln kommen …
Christian Aichmayr