Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts (1868/69) befasste sich die Feministin Melusina Fay Peirce mit den Zusammenhängen von Architektur und Geschlecht und entwickelte ihr Konzept des „cooperative housekeeping„, also die Idee einer „kooperativen Haushaltsführung“. Dieses sah u.a. „eine mit allen technischen Hilfsmitteln ausgestattete ‚Hausarbeitszentrale'“ vor, „in der eine Gruppe von Hausfrauen die vormals isoliert geleistete Hausarbeit […] gegen Löhne verrichtet […]. Finanziert werden sollte die Arbeit durch die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmenden Ehemänner […]. Die Wohnungen der durch die Kooperative versorgten Familien sollten dagegen keine Küchen enthalten.“ „Ein von Peirce damals initiiertes Projekt scheiterte [allerdings] binnen kurzem an dem Widerstand der Ehemänner der beteiligten Frauen.„
Aber auch in anderer Hinsicht scheint das Konzept rückblickend, gewissermaßen von Beginn an, zum Scheitern verurteilt gewesen zu sein. Denn zum einen lassen sich weite Teile der Reproduktionsarbeit schlichtweg nicht ohne wesentliche Verluste an Qualität rationalisieren, so z.B. in der Sorge – und Pflegearbeit. Und zum anderen fokussierte sich dieses Projekt (sowie andere ähnliche Projekte) v.a. auf eine Kommerzialisierung und Rationalisierung von Hausarbeit als weiterhin typischer Frauenarbeit, und war insofern weder aus feministischer noch aus kapitalismus-kritischer Sicht ein sonderlich emanzipatorisches Vorhaben.
Derartige Kontroversen gehören nicht nur der Vergangenheit an: Auch aktuell werden ähnliche Debatten geführt, zwar nicht in Bezug auf Architektur, aber beispielsweise im Zusammenhang mit der in Deutschland geplanten Einführung des „Betreuungsgeldes“ („Herdprämie“), also von „Geldleistungen für die in den Familien geleistete Arbeit zur Versorgung und Erziehung von Kindern„. Möglicherweise wird dieses Thema auch im bevorstehenden Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013 eine gewisse Rolle spielen – zumindest hat die SPD-Führung zuletzt bereits verkündet, bei einem Wahlsieg „das Betreuungsgeld als eine der ersten Regierungsmaßnahmen wegfallen zu lassen“.
Zurück zum Ausgangsthema: Einige jener Fragen, die die Zusammenhänge von Architektur und Geschlecht aufwerfen, thematisierte jüngst auch Sabine Pollak, Professorin für Architektur (und Urbanistik) an der Kunstuniversität Linz, bei einer Veranstaltung im Kepler Salon (05.11.2012). Im Anschluss daran bot sich die Gelegenheit zu einem Gespräch – über Funktionalität, monogeschlechtliche Räume und Geburtsphantasmen.
(zitiert nach: Ruth Becker „Raum: Feministische Kritik an Stadt und Raum“, S. 798 ff., in: Handbuch Frauen-und Geschlechterforschung – Theorie, Methoden, Empirie, Hg. Ruth Becker und Beate Kortendiek /// ‚wikipedia‘-Artikel: „Einküchenhaus“ + „Erziehungsgehalt“ /// ‚zeit.de‘, ‚Wahlkampf: Gabriel macht Front gegen das Betreuungsgeld ‚, 10.11.2012)