Nach wie vor sind die Familienrechte in Europa an der Norm der Heterosexualität und der Grundannahme der Binarität der Geschlechter orientiert. Gemeinsame Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare wird zwar zunehmend anerkannt, aber als Ausnahme und Abweichung verstanden. Die selbstdefinierte Identität von trans*- und inter*geschlechtlichen Personen als «Vater», «Mutter» oder non-binärem «Elternteil», wie auch Familien mit mehr als zwei Eltern werden hingegen nach wie vor als Irritation wahrgenommen. Aktuell stellt sich nun die Frage, wie ein Familienrecht aussehen kann, das in Bezug auf Elternschaft nicht mehr zwischen Norm und Abweichung unterscheidet, und der aktuellen Vielfalt von Familienrealitäten gerecht wird. Der Vortrag geht der Frage nach, welchen Beitrag die (Legal) Gender Studies zu dieser grundlegenden Neuorientierung leisten können.
Michelle Cottier ist ordentliche Professorin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Genf. Ihre Forschungsschwerpunkte sind das Personen- und Familienrecht, das Kindesrecht, die Rechtssoziologie sowie die Gender-Perspektive im Recht. Cottier ist gemeinsam mit Ingeborg Schwenzer und Andrea Büchler Herausgeberin der Zeitschrift „Die Praxis des Familienrechts“.
Moderation:
Caroline Voithofer, Institut für Zivilrecht, Universität Innsbruck
Kommentar:
Michael Ganner, Institut für Zivilrecht, Universität Innsbruck